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[re:volt]: In der deutschsprachigen Diskussion finden sich ja häufig sehr kritische Haltungen zu den lateinamerikanischen Linksregierungen. Wo seht ihr die Erfolge und die Fehler der lateinamerikanischen Linksregierungen und sozialen Bewegungen?
Bloque Latinoamericano: Wir glauben, dass es in der europäischen Linken eine sehr paternalistische Haltung gegenüber Lateinamerika gibt. Dieser Stempel der „alten und neuen Welt“ haftet auch den Analysen der Linken hierzulande an. Die Kritik aus der Ferne läuft immer Gefahr in der Analyse Leerstellen zu hinterlassen und zu verflachen. Die Geschichten unserer Völker, in der auch die Regierungen eine Rolle spielen, sind komplex und widersprüchlich. Wir im Bloque Latinoamericano haben verschiedene Positionen in Hinblick auf die sogenannten Linksregierungen unseres Kontinents. Allerdings stellt dieser Aspekt auch nicht den Hauptpunkt unserer Debatte, oder unserer Praxis dar. Im Gegenteil. Die gegebene Komplexität zwingt und verpflichtet uns, mit Bescheidenheit den Berichten von mobilisierten Völkern zuzuhören. Was häufig passiert ist, dass die Linke, auch die lateinamerikanische, den Fehler begeht, nur das zu „unterstützen“, was aus ihrer Position heraus am „genehmsten“ erscheint: dogmatisch abgeleitet aus ihrem theoretischen Verständnis, was sie bereits „kennt“. Im Umkehrschluss verfällt sie in eine „Kritik“, die mit der Zurückweisung von allem einhergeht, was sie selbst nicht zu verstehen vermag. Nehmen wir als Beispiel die internationalistische Unterstützung der Zapatistas in Mexiko von Europa aus, im Gegensatz zu den „vorsichtigen“ linken Positionierungen zu Venezuela. Wir müssen auch darauf hinweisen, dass eine sogenannte Linksregierung nicht notwendigerweise sozialistisch bzw. links ist. Die Linksregierungen Lateinamerikas bauen auf einer Entwicklungsökonomie auf, die das Leben der Völker bedroht und die Natur als unendliche Ressource zur Akkumulation von Kapital begreift. Eine Perspektive, die nicht mit dem Kapitalismus als System bricht. Andererseits waren und sind diese Regierungen weder homogen noch statisch. Sie wandelten sich mit der Zeit und das aufgrund der linken Bewegungen in der Region. Das ist etwa der Fall, wenn wir uns Hugo Chávez’ ansehen. Hier konnte man beobachten, wie sein Diskurs sich wandelte, wie er sich radikalisierte und als Führer einer popularen Bewegung konsolidierte, die historisch, wie heute eine sozialistische Revolution fordert. Chávez machte sich auf Forderung des venezolanischen Volks und des Kontinents hin zum Anführer der bolivarischen Revolution. Aber in vielen Kapiteln unserer Geschichte wissen die Führungen nicht, wie sie auf den Pfad, den die Volksbewegung einschlägt, antworten sollen – auf eine Bewegung, die mit einer Machtstruktur kollidiert, die nicht bereit ist, ihre Privilegien zu verlieren. Fehler gibt es viele. Aber wichtiger als diese Fehler zu sehen, ist es, die Hoffnungen zu hinterfragen, die wir als soziale Bewegungen in diese Regierungen gesteckt haben und wie wir in vielen Fällen in Klientelpolitik gefangen geraten sind, die uns letztendlich demobilisiert hat. Es ist wichtig, klar zu haben, was wir aus dieser Erfahrung gelernt haben, und unseren Kampf fortzusetzen.